Die ehemalige Wurstfabrik Marten ist einer der letzten Industriebrachen der Gütersloher Innenstadt. 1,3 ha stehen für eine Entwicklung zur Verfügung. Da sollte man meinen, dass eine solch wertvolle Fläche auch einen besonderen Fokus genießt. Stattdessen will der Entwickler – die Asset Immobilien - von einer öffentlichen Diskussion nichts wissen und beharrt – ernsthaft – auf einer „unbürokratischen Realisierung“. Dreister kann man den verkappten Hinweis „Wir bestimmen hier, was da gebaut wird und die Stadt soll das auf unaufwändige Weise bitte schön begleiten“ kaum verbergen. Immerhin: In drei Workshops dürfen die Gütersloher Bürgerinnen und Bürger über den vorlegten Entwurf diskutieren, aber bitte nicht über Alternativen hierzu. Hier wird jahrzehntelange Planungskultur ignoriert. So als hätte es vorbildhafte Verfahren wie zum gerade fertiggestellten Kaiserquartier oder dem Mansergh Quartier nie gegeben.
Wie anders das auch geht, zeigt das Unternehmen Borchard, das in Gütersloh den ehemaligen Güterbahnhof zu einem lebendigen von Fachhochschule und IT-Unternehmen geprägten Quartier entwickelt hat. Borchard hat in Bielefeld ein ehemaliges Ausflugslokal gekauft und führt nun einen Wettbewerb für die zukünftige Nutzung durch – freiwillig und ohne Aufforderung durch die Stadt.
Und schließlich ist - ganz aktuell - die Immobilienwirtschaft eine Selbstverpflichtung zur Baukultur eingegangen, in der es klare Positionen zu Wettbewerben, öffentlichen Diskussionen und zur Kooperation gibt.
Von alledem ist hier nichts zu sehen. Stattdessen soll in einem Gespräch „ausgelotet“ werden, zu welchen Planänderungen der Investor bereit ist. Ein Kniefall, der die ganze Kraft und Stärke und die Planungshoheit einer selbstbewusst planenden Politik und Verwaltung aushebelt.
Dr. Michael Zirbel